Vor Kurzem schrieb mich die zumindest in Süddeutschland nicht ganz unbekannte Brennerei Ziegler aus Freudenberg am Main an, weil sie auf meine inzwischen leider ziemlich unvollständige Liste Regionaler Whisky gestoßen waren und sich dort vermisst hatten. Damit ich einen Eindruck von ihren Produkten bekomme, haben sie mir freundlicherweise je eine Flasche ihres Aureum 1865 Single Malt Whisky in der 5‑jährigen Variante und in Cask Strength von 53,9% zukommen lassen, die ich hier gerne besprechen möchte. Ich warne aber vor: Ich bin ehrlich und unbestechlich 😉
Ich muss auch zugeben, dass ich den Aureum schon einmal vor ein paar Jahren auf der Finest Spirits in München probiert hatte und damals nicht gerade begeistert war. Er krankte an den üblichen Unzulänglichkeiten fast aller deutschen Whiskys: Zu jung, zu maischig, falsche Fässer. Inzwischen wird der Aureum mit 5 Jahren verkauft. Das ist zwar immer noch recht jung, aber man muss auch berücksichtigen, dass die Reifung im deutschen Kontinentalklima etwas schneller vonstatten geht als in Schottland. Es gibt andererseits aber auch recht gute 5jährige Schotten, wie z.B. Kilchoman. Ich war also gespannt …
Aureum 1865 Single Malt Whisky 5 Jahre, 43%
Auge: Gelb mit grünlichem Schimmer
Nase: Zitrus, Banane, recht würzig und frisch. Aber es ist auch ein etwas dumpfer Geruch dabei, wenn auch nicht wirklich unangenehm.
Mund: Frisch, scharf, Butterscotch (salziges Sahnebonbon). Unspektakulär.
Hals: Eher leicht und dabei recht scharf für nur 43%. Zurückhaltende Süße und dumpf-trockener Holzton. Speziell mit Wasser, aber auch wenn man ihn länger stehen lässt, kommt dieser unreife Maische-Ton zum Vorschein. Kann man mögen, muss man aber nicht.
Aureum 1865 Single Malt Whisky Cask Strength 2008, 53,9%
Auge: Deutlich dunkler, tiefes Gold.
Nase: Direkt nach dem Einschenken hat er einen ganz seltsamen, schwer zu beschreibenden Duft, fast wie parfümiert. Nach einer Weile wird er warm, Trockenfrüchte mit Nuss-Mix. Ein wenig blumig, irgendwo zwischen halbtrockenem Heu und Blumenwiese.
Mund: Warm und weich, erheblich besser als der 43%. Hier spürt man vermutlich die ausgebliebene Kühlfilterung, die der Textur deutlich zugute kommt. Malzig, Toffee, nur hintenraus merkt man die Fassstärke.
Hals: Sauer-spritzige Früchte wie Stachelbeeren, trockener Abgang mit deutlichem, aber ungewöhnlich duftendem Holz. Und etwas Maische, aber nicht zu unangenehm. Deutlich besser!
Der Aureum reift in mehreren Fassarten: Neuen Eichen- und Kastanienfässern aus Frankreich mit leichtem Toasting mit einer Nachreifung in alten Bourbon-Fässern. Der Cask Strength bekommt zudem noch ein Finish in Sherry-Fässern, was die Trockenfrüchte in der Nase erklärt. Ich denke mal, dass der etwas ungewöhnlich-parfümierte Holzton, den ja auch der 5jährige hat, am ehesten von der Kastanie kommt.
Die Brennerei Ziegler wurde auf der Inter Whisky in die Top 5 der deutschen Whiskyhersteller gewählt und bei den World Whisky Masters 2013 als einziger deutscher Hersteller mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. Wenn ich mir überlege, was ich bisher so aus deutschen Landen probiert habe, ist das so schwer allerdings nicht zu erreichen. Ich gebe dabei gerne zu, dass ich mit unseren einheimischen Whiskys so meine Probleme habe, und verweise auf meinen Artikel in der Messeausgabe des Highland Herold (ab Seite 6), wo ich mich an einigen Erklärungen versuche
Der Aureum 5 Jahre passt in das übliche Muster und ist weder besser noch schlechter als ein Slyrs und mit der badischen Konkurrenz von Rothaus (Kleiner Hinweis: Im Titel dieses Beitrags steht nicht umsonst eine 1 in Klammer…) kann er allemal mithalten. Die Fassstärke kann im wahrsten Sinn des Wortes ihre Stärke eher ausspielen. Ein viel besseres Mundgefühl und ein deutlich besserer Abgang lassen über den seltsamen Geruch am Anfang hinwegsehen und machen ihn zu einem der besseren deutschen Single Malts, die ich bisher probiert habe.
Ich finde es richtig gut, dass wir in Deutschland auch Whisky herstellen. Die schmecken sogar alle recht passabel…ABER: Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt nicht ganz. Für die Preise der deutschen Whiskies – und da schließe ich auch das Destillat von Uerige ein – bekommt man bessere schottische Whiskies. Für meinen Geschmack auf jeden Fall.
Dass unsere einheimischen Whiskys teurer sind kann ich nachvollziehen, da die Produktion in ganz anderen Größenmaßstäben läuft. Dass sie im Vergleich mit den Schotten schlecht abschneiden, nun ja, es fehlt halt eine Menge Erfahrung. ABER: Vergleiche sie mit Schweden, Südafrika, Indien, Australien und Neuseeland. Oder einfach nur mit den Franzosen aus der Bretagne. Sie erreichen nicht mal ansatzweise deren Qualität. Daran sieht man meiner Meinung nach, dass hier noch einiges mehr im Argen liegt als nur das Preis-Leistungsverhältnis.